Thomas Klüber hat nicht weit vom Goethehaus sein Café Utopia eröffnet.
Schon beim Vorbeilaufen fällt das Café Utopia unweit des Goethehauses sofort auf. An der Glastür steht auf den roten Leuchtröhren: „The Future was better in the Present“ („Die Zukunft war besser in der Gegenwart“).
Wenn man dann durch die Glastür hineinschaut, sieht man rote Barocksamtmöbel, eine Wand, an der echte Pflanzen runterwachsen und Haubensessel, die an eine längst vergangene Zeiten erinnern. Außerdem sind die Tische aus brasilianischem Marmor und es gibt beleuchtete Goldspiegel und schwarze Thonetstühle. Das alles könnte kitschig sein, ist es aber gar nicht. Sondern es ist einfach so schön wie gemütlich. Im Hintergrund läuft klassische Musik, manchmal auch Jazz. Drei Tageszeitungen liegen aus.
„Das Café Utopia ist ein Hybrid aus Pariser Salon und Wiener Kaffeehaus“, erzählt Thomas Klüber, der selbst täglich fünf Zeitungen liest, „ganz old school“, wie er sagt. Vor wenigen Tagen hat er das Café eröffnet.
Der 54-Jährige ist in Frankfurt großgeworden und seit 30 Jahren in der Gastroszene tätig. Unweit der Theke hängt ein Bild seiner Oma mütterlicherseits als Kleinkind. „Sie ist 1896 geboren“, sagt er. Klüber betreibt auch das wenige Meter entfernte Café-Restaurant Walden, wo vor ein paar Jahren in einer Nacht Mick Jagger feierte.
Außerdem ist er der Mann, der hinter dem Oosten an der Weseler Werft und dem Gastro-und Eventschiff Freigut auf der Sachenhäuser Mainseite steht. Je nach Saison hat er zwischen 140 bis 160 Mitarbeiter in den vier Locations.
Der Sohn einer Deutschen und eines Marokkaners hat seine Liebe zur Kaffehauskultur während seines Studiums an der Hotel- und Tourismusakademie auf Schloss Klessheim bei Salzburg entdeckt. „Dort, wo man eigentlich nach dem Abschluss Hoteldirektor in Singapur wird“, erläutert er.
Aber Klüber, der auch länger in Paris lebte und die dortige Salonkultur lieben lernte, entschied sich gegen die internationale Karriere. Er bevorzuge eine lokale, bunte Gastronomie. Wie im Café Utopia. 90 Sitzplätze hat es, im Sommer sollen zudem 80 Gäste im Innenhof sitzen können.
Es gibt Wacker’s Kaffee, Nusstörtchen mit Goethe verziert, aber auch ganztägig Frühstück sowie „Speisen für den alltäglichen Bedarf“ vom Handkäsbrot bis zum marinierten Rote-Bete-Salat. Der Cappuccino kostet 3,60 Euro. „Unsere Preise sind gehoben, aber sie gehen auch nicht durch die Decke.“ Für ein Stück Kuchen, das vom Wiesbadener Konditor Blum kommt, zahlt man zwischen 3,50 und 4,50 Euro.
Noch ist nebenan eine Baustelle. „Der schlimmste Lärm ist aber schon vorbei“, sagt Klüber. Ende Januar 2020 soll dort Michael Quasts Fliegende Volksbühne eröffnet werden. „Ich freue mich sehr auf die Nachbarschaft mit ihm.“
Sie seien Teil der Goethehöfe, zu denen auch das zukünftige Romantikmuseum und 28 Mietwohnungen gehören. „Um den sozialen Frieden mit den künftigen Bewohnern zu gewähren, habe ich mich für ein Tagescafé entschieden. Wir öffnen mit den Museen um 10 Uhr und schließen um 20 Uhr, so dass die Besucher von Quast vorher hier noch etwas essen oder trinken können, aber die Mieter nicht nachts aus dem Bett fallen, wenn ein Teller zu Boden geht.“
Das Café ist ebenfalls ein Neubau. Zielgruppe seien nicht Touris, die durch die Altstadt hetzten und dann schnell was auf Instagram für Likes posteten, sondern echte Frankfurter. „Also auch das Schlappmaul“, sagt Klüber und lacht.
Warum eigentlich der Name Utopia? Passend zur Nachbarschaft von Goethehaus und Romantikmuseum habe er sich für einen Begriff aus der Romantik entschieden. „Utopia. Der Sehnsuchtsort nach Nirgendort.“
Aus einem Fenster schaut eine Goethebüste in Richtung Goethehaus. In der Mitte hängt ein riesiges Gemälde namens „Astronaut“ des Graffitikünstlers „Case“, der eigentlich Andreas Chrzanowski heißt. Eine lustige Neuinterpretation des berühmten „Abendmahl in Emmaus“ von Michelangelo Merisi da Caravaggio.
„Es ist die Szene, in der Jesus nach seinem Tod zurückkehrt und seine Jünger ihn zunächst nicht erkennen“, erläutert Klüber. „Erst als sie sehen, wie er das Brot teilt, wird ihnen klar, dass es sich um Jesus handelt.“
In der Neuinterpretation steht allerdings nicht nur ein Bembel auf dem Tisch, sondern Jesus wird durch einen Astronauten ersetzt. „Eine Interpretation mit großen Augenzwinkern, Dinge nicht zu ernst zu nehmen“, sagt Klüber.
Aber auch ansonsten findet man überall Astronauten, entweder eingerahmt als Bilder auf den barrierefreien Toiletten oder als kleine goldene Statuen im Café. Auch das habe etwas mit Utopie zu tun.
„Ich erinnere mich noch: Als ich vier Jahre alt war, flogen die Amerikaner zum ersten Mal auf den Mond“, sagt Thomas Klüber. „Das klang damals doch auch sehr utopisch: Der erste Mensch auf dem Mond.“